Laudatio von Karl-Heinz Reimeier zur Eröffnung der Ausstellung "flüssig - erstarrt - geformt" im Kunstforum Ofenhalle der Glasmanufaktur v. Poschinger in Frauenau zs. mit Klaus Büchler (Glaskunst) 2013
Frauenau, 22.03.2013
Verehrte Damen und Herren, verehrte Familie Poschinger
Urgewaltige Bilder von Wieland Prechtl, dem Bayreuter Künstler und strenge, geometrische Glasobjekte von dem Spiegelauer Künstler Klaus Büchler – das in einer gemeinsamen Ausstellung zu präsentieren, ist wieder einmal ein spannendes Unternehmen, - ein Unternehmen aber, von dem ich weiß, dass es funktioniert. Die Feuertaufe einer gemeinsamen Ausstellung ist ja bereits vor ein paar Jahren bestanden worden, damals in der Galerie Wolfstein in Freyung – und nachdem die zwei Künstler vor allem auch menschlich gut harmonieren, möchte ich heute versuchen, ein bisschen wenigsten, das herauszufinden, was es ist, was die beiden auf der künstlerischen Ebene verbindet.
Und damit sind wir auch schon bei den Bildern von Wieland Prechtl, und ich meine, dass jeder, der schon die Möglichkeit hatte, oder nachher sich die Mühe nimmt, sich diesen Bildern optisch und geistig zu nähern, gespürt hat, wie er entführt, unweigerlich, in so ganz andere Welten, in so ganz unberührte Welten, in so gänzlich fantastische Welten. Und man merkt sehr schnell, dass man sich gegen das Entführtwerden kaum wehren kann - dass man die Urkräfte der Welt, des Alls, des Universums verspürt bis unten drunter unter die Haut, die Kräfte, die so richtig an den Bildrändern zerren, um sich aus ihrer engen Gefangenschaft der Leinwand zu befreien – wo man oft meint, es kann nicht mehr lange dauern, und man kann zuschauen dabei, wie die Natur aus dem Rahmen fällt. Bilder, wo einmal der Himmel sich zeigt und einmal die Hölle, wo die Erde aufbricht und die heißen Lavaströme sich über die Welt ergießen, gefährlich und drohend – in einem unendlichem und farbintensivem Spiel, einem Weltenspiel, das fasziniert und – die Welt und uns Menschen in Atem hält. Und irgendwann erkalten die heißen Ströme und beruhigen sich und besänftigen die Welt um ihr – wenigstens manchmal – die nötige Zeit zum Durchatmen zu gewähren. In dieser geschenkten Stille werden wir dann zurückgeführt in die Urzeiten, dorthin, wo die Welt, die Erde, das All sich noch selbst gehörte, dem eigenen Spiel überlassen war und nicht von den ordnenden und zähmenden und überall sich einmischenden Menschen in Schach gehalten wurde. Kühle Mondlandschaften zum Beispiel, eisige Wasser oder tiefgefrorene Gletscher stehen den brodelnden, kochenden Erdergüssen entgegen, warten nur darauf, dass sie sich ineinander und miteinander vermischen dürfen und vermengen dürfen und zu neuen Strukturen und Ansichten und Welten sich formen dürfen. Hier hat der Mensch – und dieses Gefühl entsteht ganz schnell beim Anschauen der Bilder – hier hat der Mensch seinen Einfluss, seine Macht verloren, hier wirkt er klein, hilflos. Beim Betrachten dieser Bilder denkt man nicht mehr an den Menschen, da kommt einem der Mensch – auf den ersten Blick wenigstens - vorerst überhaupt nicht in den Sinn. Manchmal meint man, der Mensch hat in den Bildern deshalb keinen Platz, weil die Welt ihm den Zutritt mittlerweile verwehrt hat. Diese Welt in Prechtls Bildern hat den Menschen bereits hinter sich gelassen, hat ihn überwunden – aus dieser Welt hat er sich durch sein egoistisches Umgehen und Verhalten selbst entfernt, und genau deswegen ist zu verspüren, wie die Natur – von Zwängen total befreit – aufblüht und zu leben beginnt und im Überschwang der Freiheit wie im ekstatischen Tanz sich in einem Fort verändert, anders wird, wuchert, sich immer wieder neue Kleider anzieht.
Das, was ich da jetzt in vielleicht bildhaftem Überschwang versucht habe, darzustellen, das für uns begreiflich zu machen, kann einem Menschen wie Wieland Prechtl nur dann gelingen, wenn er sich der Natur und ihren Auswüchsen und Erscheinungsformen hingibt, vollkommen hingibt, wenn er sich als Teil des Ganzen empfindet und wenn er immer wieder zu begreifen versucht, worauf es ankommt, was wesentlich ist. Erst dann hat für Wieland Prechtl alles seinen Sinn, und es gibt nichts, was nicht dazugehört, zum Ganzen gehört, gewollt oder ungewollt. Die äußerst intensive Beobachtung der Natur, das Verinnerlichen geologischer Abläufe, nicht nur das Sehen, sondern auch das Erfühlen - von Wettererscheinungen zum Beispiel - sind Grundvoraussetzungen dafür, dass diese ursprünglichen archaischen und imposanten Strukturen sichtbar gemacht werden können mit Öl-, Acryl- und Lackfarben – mit Einsatz von Steinmehl, Sand, Schiefer, Eisen, Aluminium oder Asche. Und da lässt er es dann darauf ankommen, wie sich diese einzelnen Farb- und Materialschichten von sich aus miteinander verhalten, ob sie sich vertragen oder ob sie sich abstoßen und Grenzen sichtbar machen. Und diese Materialien holt er sich aus der Natur selbst und er arbeitet sie hinein in seine Bilder, die dann ständig neu sich erschaffen und fantastische Einblicke gewähren in mikrokosmische oder makrokosmische Naturschauspiele.
Urzeiten, Zukunft – beides ist möglich – die Zeit vor dem Menschen genauso wie auch die Zeit nach dem Menschen – Prechtl lässt uns diese Welten erahnen in dem ewigen Wechselspiel der Elemente Feuer, Erde, Wasser und Luft.
Wieland Prechtl ist ein echter Bayreuther, er ist 1955 dort geboren und ist im Laufe seiner künstlerischen Tätigkeit mit einer Menge von Förderpreisen und Publikumspreisen ausgezeichnet worden. Die Anzahl seiner Ausstellungen hier aufzuzählen, wäre ein unzumutbares Unterfangen. Seine Bilder hängen in vielen öffentlichen Räumen, in Museen wie z.B. in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung in München, um nur eines zu nennen und er wurde – und darauf kann er stolz sein – aufgenommen in die Kunstzeitschrift „Vernissage“, wo man ihm neben Turner – Monet – Twombly – und – bezeichnenderweise auch neben Emil Nolde im letzten Jahr eine vierseitige Reverenz erwiesen hat.
Wieland Prechtls Bilder wirken gewaltig, wirken monumental – nicht nur in ihrer Größe, vor allem durch ihren Inhalt, durch ihren Gehalt. Dieses Majestätische in der Natur - diese ungebändigten Naturgewalten – denen nicht wir als Mensch – und denen nicht er als Maler Einhalt gebieten kann. Auch ihm bleibt oft nur die Rolle des Beobachters, wenn seine Farben und Materialien ineinander und übereinander fließen, und oft greift er spät erst in den Prozess mit ein, um seine Gedanken, Fantasien, Erfahrungen gezielt hineinzuarbeiten.
Das, was dann dabei herauskommt, bietet er uns hier in der Ofenhalle zum Anschauen, zum Durchschauen, zum Erfreuen, zum Bereden und Diskutieren an.